Aktuelle Entwicklungen im Bankensektor
März 2023
In der vergangenen Woche kam es in den USA zum Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (Platz 16 der größten US-Banken) und der Signature Bank – zweier Regionalbanken. Dies weckte Erinnerungen an das Jahr 2008 und den Ausbruch der globalen Finanzmarktkrise.
Aktuell.
Die aktuellen Entwicklungen rund um die Silicon Valley Bank (SVB) sowie die Signature Bank haben jedoch gänzlich andere Hintergründe und Ursachen. Zudem reagierten die Aufsichtsbehörden in den USA, das Finanzministerium und die Notenbank sehr schnell mit umfassenden Rettungs- und Stützungsmaßnahmen. Dies führte zu Beginn dieser Woche vorübergehend zu einer Marktstabilisierung und -beruhigung, was zunächst positiv bewertet werden kann.
Am Mittwoch traten dann aber erneut massive Marktverwerfungen im Bankensektor ein. Im Zentrum stand hier die Schweizer Großbank Credit Suisse. Nach deutlichen Mittelabflüssen in den vergangenen Monaten erneuerte deren größter Anteilseigner – die Nationalbank von Saudi-Arabien – in einem Interview Aussagen, dass aus verschiedenen regulatorischen Gründen keine Unterstützung über weitere Investitionen oder Aufstockungen des Eigenkapitals durch sie erfolgen kann.
In dem noch fragilen Marktumfeld hat das die Aktien der Credit Suisse auf Talfahrt geschickt (Tagesverlust bei zeitweise über 30 %) und die Kreditausfallprämien massiv ansteigen lassen. Nach vorherigen Dementis folgte in der Nacht zu Donnerstag die Information, dass die Schweizer Nationalbank (SNB) die Credit Suisse mit einer Kreditlinie von 50 Mrd. CHF unterstützen wird. Dies führt aktuell zu einer erneuten Beruhigung der Märkte.
Im Gegensatz zu den in den USA zusammengebrochenen und geretteten Regionalbanken, handelt es sich bei der Credit Suisse um ein global systemrelevantes Finanzinstitut. Vor diesem Hintergrund rechnen wir damit, dass es – bei weiterem Kapitalbedarf – erneute Stützungsmaßnahmen geben wird.
Die Hamburger Pensionskassen und Credit Suisse
Die Pensionseinrichtungen Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG (HPK) und die Hamburger Pensionsrückdeckungskasse VVaG (HPR) halten eine Namensschuldverschreibung der Credit Suisse mit einem Nominalvolumen von 51 Mio. Euro – HPK 40 Mio. Euro und HPR 11 Mio. Euro. Diese ist am 21. Februar 2024 zur Rückzahlung fällig. Aufgrund der Seniorität dieses Papiers gehen wir zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass diese Rückzahlung wie vertraglich vereinbart erfolgen wird, zwischenzeitlich die Marktbewertung des Papiers jedoch zu stillen Verlusten führt. Diese sollten sich nach heutigem Stand aber nicht materialisieren.
Darüber hinaus bestehen in den extern verwalteten Fixed Income / Credit-Mandaten indirekte Exponierungen im Gesamtvolumen von rund 14,5 Mio. Euro. In der Gesamtbetrachtung liegt die Exponierung der Pensionseinrichtungen gegenüber der Credit Suisse und ihren Tochtergesellschaften somit bei unter 0,6 % der Kapitalanlagen und damit auf sehr niedrigem Niveau. Sollte es entgegen unserer Erwartung tatsächlich zu einem Zahlungsausfall kommen, ließe sich dieser durch Reserven aus anderen Vermögenswerten kompensieren.
Beziehungen zu US-Regionalbanken
Die HPK und HPR unterhalten keine direkten Geschäftsbeziehungen zu den zusammengebrochenen US-Regionalbanken Signature Bank und SVB sowie deren ausländischen Tochtergesellschaften (u.a. SVB UK, wird von HSBC übernommen).
Über Beteiligungs- und Fondsengagements bestehen jedoch indirekte Exponierungen zur SVB. Wir haben die Manager der Beteiligungsengagements – Dachfonds wie Single Fonds – beauftragt, ihre Exponierung sowie die ihrer Portfoliounternehmen zu analysieren. Zum jetzigen Zeitpunkt bestehen keine Anhaltspunkte für erhöhte Ausfallrisiken. Vielmehr wurde bestätigt, dass Gelder bereits in den vergangenen Wochen bei der SVB abgezogen wurden oder dies aktuell geschieht. Mit den Rettungs- und Stützungsmaßnahmen der US-Aufsichtsbehörden vom vergangenen Wochenende ist dies nunmehr wieder unproblematisch möglich. Wir beobachten die Situation weiter eng und analysieren mögliche Auswirkungen auf die Portfolien der Pensionseinrichtungen.
Hintergrund.
Die SVB hat als Universalbank für ihre Kunden, das sind insbesondere Unternehmen aus dem Technologiebereich (Venture Capital Fonds, Venture Capital finanzierte Unternehmen sowie etablierte „reife“ Firmen), alle gängigen Finanzdienstleistungen angeboten.
Im Vergleich zu anderen Banken weist die SVB die Besonderheit auf, dass ihre Refinanzierung zu sehr großen Anteilen (90 %) auf kurzfristigen Kundeneinlagen basierte, welche jedoch nicht fristenkongruent investiert bzw. ausgeliehen wurden. Mit dem deutlichen Zinsanstieg aufgrund einer längerfristig erhöhten Inflation sind Bewertungen für Teile der länger laufenden Vermögenswerte bzw. Ausleihungen zurückgegangen. Diese rückläufigen Bewertungen in Verbindung mit Mittelabflüssen führten zu Verlustrealisierungen und damit zu zusätzlichem Eigenkapitalbedarf. Diese Entwicklung führte zu Skepsis bei den Kunden und erhöhte wiederum die Mittelabflüsse Ende vergangener Woche.
Die Aufsichtsbehörden in den USA, das Finanzministerium und die Notenbank „Federal Reserve“ gaben daraufhin am Wochenende in einer gemeinsamen Erklärung bekannt, dass alle Einlagen bei den beiden Regionalbanken SVB und Signature Bank in vollem Umfang geschützt sind bzw. garantiert werden.
So hatten die Kunden ab dem 13. März (vergangenen Montag) wieder vollen Zugang zu ihrem Geld. Diese konzertierte Aktion beruhigte die Märkte und vermied ebenso einen sogenannten „Bank Run“* auf weitere kleine und mittelgroße Banken in den USA.
Einschätzung und Ausblick
Die Auswirkungen auf das globale Finanzsystem scheinen zum jetzigen – noch sehr frühen – Zeitpunkt eingedämmt. Das ist auf die schnellen Interventionen der Aufsichtsbehörden in den USA und in der Schweiz zurückzuführen.
Wir werden die Entwicklungen weiter sehr eng beobachten, insbesondere im Hinblick auf den Risikoappetit von Investoren – der sich in der Bepreisung von Ausfall- bzw. Kreditrisiken widerspiegelt – sowie der weiteren Zinsentwicklung.
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* Viele Anleger einer Bank wollen gleichzeitig ihr Geld abziehen